Quelle DJV
Der Marderhund ist ursprünglich in Europa nicht heimisch und damit ein Vertreter der Neozoen. Durch seine enorme Anpassungsfähigkeit kann er sich die verschiedensten Lebensräume in relativ kurzer Zeit erschließen. Der Mangel an natürlichen Feinden und sein hohes Fortpflanzungspotenzial begünstigte die Besiedlung weiter Teile Nord-, Ost- und Mitteleuropas in wenigen Jahrzehnten. Die Expansion des Marderhundes dauert immer noch an.
Kennzeichen:
Fuchsgroßer Hundeartiger mit einem rot- bis schwarzbraunen Fell mit dichter Unterwolle und langen Grannenhaaren und einer dem Waschbär ähnlichen Gesichtsmaske mit Backenbart. Männliche und weibliche Tiere äußerlich nicht unterscheidbar. Durchschnittsgewicht: 5- 8 kg, im Herbst bis zu 12 kg (Zunahme von Körperfettdepots im Herbst!)
Verbreitung und Stellung im zoologischen System:
Ordnung: Raubsäuger (Carnivora) Familie: Hundeartige (Canidae) Gattung: Nyctereutes Art: procyonoides mit sechs Unterarten z.B. N.p.ussuriensis (Festland), N.p.viverrinus (japanische Inseln)
Der Marderhund (Unterart N.p. ussuriensis) wurde zur Bereicherung der Pelztierfauna von1929 bis 1945 im europäischen Teil der ehemaligen Sowjetunion angesiedelt, am erfolgreichsten in der Ukraine. Insgesamt wurden 9100 Tiere in die freie Wildbahn entlassen.
Ursprüngliches Siedlungsgebiet in Teilen Südostasiens und Fernost-Russland. Gewässerdominierte Landschaften bevorzugt, Meidung von Hochgebirgen und Wüsten Ansiedlungs- und Ausbreitungsgebiete: Kulturlandschaften, Wälder, Bevorzugung gewässerreicher Habitate, nicht über 500 m NN
Nahrung:
Allesfresser mit einem ganzjährig hohen Anteil an pflanzlicher Kost; auch Aas wird nicht verschmäht Hauptnahrungskomponenten: Kleinsäuger, Vögel, Amphibien, Insekten, Pflanzen (z.B. Mais, Obst) Nahrungsstrategie: mehr Sammler als aktiver Jäger (ähnlich dem Dachs) Der Marderhund frisst sich vor allem im Spätsommer/Herbst große Fettreserven an und muss daher während seiner Winterruhe (in Mitteleuropa: Mitte November bis Ende Januar) kaum auf Nahrungssuche gehen. Winterruhe: Eingeschränkte Aktivitätsphase, Verhaltensweise vergleichbar mit Dachs
Sinnesleistung und Lautäußerung
Gehör- und Geruchssinn wie bei Hundeartigen allgemein gut entwickelt, Sehsinn mäßig Lautäußerung: heißeres Kläffen (meist zur Ranzzeit), Winseln (Betteln der Jungtiere), Knurrlaut als Warnlaut bei Gefahr
Fortpflanzung:
Marderhunde leben monogam und ziehen gemeinsam das Geheck auf.
Paarungszeit (=Ranz): Ende Januar/Februar. Nach einer Tragzeit von ca. 60 Tagen werden Ende März/Anfang April 7- 9 blinde, wollig behaarte Welpen geboren. Arbeitsteilung bei der Aufzucht: während Fähe nach Nahrung sucht, bleibt Rüde bei den Welpen, während der ersten Wochen bewacht der Rüde überwiegend das Geheck und nimmt kaum Nahrung auf; feste Nahrung wird nach etwa 3 Wochen abwechselnd von beiden Elterntieren zugetragen. Im September, spätestens im Oktober wandern die Jungtiere ab, die mit ca. 10 Monaten geschlechtsreif sind.
Lebensweise und Lebenserwartung:
Überwiegend dämmerungs- und nachtaktiv, während der Aufzuchtsphase auch tagaktiv. Marderhunde sind sehr heimlich lebende Tiere.
Zur Jungenaufzucht und zur Überwinterung werden bevorzugt alte Dachsbaue genutzt; der Marderhund zieht seine Jungen aber auch in anderen geschützten Verstecken z.B. umgestürzte Wurzelteller, Schilfnester etc. auf. Die Größe der Streifgebiete wird sowohl vom Nahrungsangebot als auch von der Jahreszeit beeinflusst. Die kleinsten Streifgebiete während des Winters, die größten Streifgebiete im Herbst. Jahresstreifgebiete: strukturreiche Landschaft in Brandenburg 1,83 km2 ±1,54,
großflächiges Ackerbaugebiet in Mecklenburg-Vorpommern 3,82 km2 ± 2,97. Natürliche Feinde im Ursprungsgebiet Fernostrusslands: Großkatzen (Tiger,Leopard,Luchs), Wolf, Greifvögel (v.a. für Jungtiere)
Mortalitätsfaktoren: Krankheiten wie Tollwut, Staupe o.ä., Räude, Straßenverkehr, Jagd. Lebenserwartung: in freier Wildbahn durchschn. 7-8 Jahre, Höchstalter in zoologischen Gärten 11 Jahre
Konsequenzen für den Artenschutz:
In Gebieten in denen der Marderhund stabile Populationen bildet, ist er ein fester Bestandteil im Räuber-Beute-System. Da er als Allesfresser zusätzlich zu den ursprünglich heimischen Raubsäugerarten wie z.B. Rotfuchs und Marderartigen auftritt, kann er insbesondere auf isolierte Restpopulationen von Beutetierarten einen negativen Effekt haben. Der Marderhund gehört neben Waschbär und Mink zu den Arten, die nach der Empfehlung
Nr. 77 der Berner Konvention (1999) streng kontrolliert werden sollten, weil sie die biologische Vielfalt gefährden. Der Marderhund im Jagdgesetz:
Nach § 2 Abs. 2 des Bundesjagdgesetzes können die Länder weitere Tierarten bestimmen, die dem Jagdrecht unterliegen. Daher ist der Marderhund in den meisten Bundesländern in den Katalog der jagdbaren Arten (=Wild) aufgenommen worden.
Besonderheit:
Wenn Marderhunde nicht in einen Bau flüchten oder sich verstecken können, zeigen sie einen Totstellreflex: mit geöffneten Augen bleiben sie starr liegen. Dieses Verhalten könnte eine Schutzwirkung gegenüber den vor allem auf Bewegung reagierenden großen Katzen im ursprünglichen Verbreitungsgebiet sein.
Quellen:DJV